Entscheidende Phasen innerhalb der Erarbeitung des Conversationslexikon sind jeweils die schubartigen Bücherkäufe, die an einem bestimmten Punkt unvermeidbar sind.
Die ersten groben Recherchen sind vollzogen, die ersten digitalen Ordner angelegt und Verzeichnisstrukturen entwickelt, aber dann: Bücher! Die Sehnsucht nach Material. Das Berühren und das Durchblättern, das Riechen, die Typografie und Worte die sich zu Sätzen verbinden. Besonders anrührend: Bücher, die sehr alt sind, aber augenscheinlich noch nie gelesen wurden.
Geheimrat Dr. Süll (?) hat das Geschenk von Herrn Laban vielleicht im Moment der Übergabe goutiert, aber gelesen hat er es wahrscheinlich nicht. Nein. Das ist alles komplett umgebogen und unberührt – nur Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Staub. Vielleicht ein Geschenk zum Abschied? 1927 verliess Laban Würzburg, um in Berlin an seinem Choreografischen Institut weiter zu arbeiten. Vielleicht eine etwas dreiste Geste gegenüber dem gehörnten Ehemann – Laban war attraktiv und hatte viele Affären, heisst es. Vielleicht ein ewig nörgelnder Kritiker der Stadtgesellschaft. Vielleicht aus Wut nicht gelesen oder aus Verachtung.
Eine oberflächliche Recherche zum Beschenkten hat nichts ergeben – schade.
In jedem Fall: Rudolf von Laban (1922): Die Welt des Tänzers – Fünf Gedankenreigen. Verlag Walter Seifert, Stuttgart.