METZ/SEEßLEN (2014): Geld frisst Kunst – Kunst frisst Geld.
S.16 „Die großen Erzählungen der Kunst haben bislang vom Geld hauptsächlich geschwiegen, während die großen Erzählungen des Geldes gern von Kunst gesprochen haben. Während das Kapital mit seiner Kunst-Haltigkeit geprotzt hat, hat die Kunst ihre Kapital-Haltigkeit verschleiert. Die Obszönität, mit der der Geld/Kunst-Zusammenhang nach der Krise in die Öffentlichkeit getragen wird, hat immerhin etwas Gutes: Man wird nicht mehr um die Einsicht herum kommen, dass Geld nicht äußeres Instrument und Belohnung für Kunst, sondern beides essentiell ineinander eingeschrieben ist. Geld ermöglicht nicht nur Kunst, so wie Kunst auch Geld >ermöglicht<, Geld und Kunst drücken sich nicht nur gegenseitig aus, die Beziehung von Kunst und Geld ist vielmehr einer der Motoren von Demokratie und Kapitalismus.“
S.24 „Der Sammler eignet sich mithin nicht nur das Kunstwerk als Wert-Fetisch, sondern auch den in der Gesellschaft verbreiteten >Glauben< an (eine Mischung aus Unterwerfung und Begehren). Zweifellos kann dieser Glaube an die Kunst verlorengehen. Und zwar über das Maß hinaus, wie der Wert einer Rolex-Uhr zum größten Teil am Glauben an sie hängt. Denn anders als in den Jahrhunderten zuvor hat der doppelte Wert der Kunst – und nicht nur darin wird uns eine Parallelgeschichte von Kunst und Geld begegnen – keine >Deckung< mehr, weder in der Religion noch im historischen Programm, weder in der Idee noch in einer verhandelbaren Ästhetik und im verwendeten Material schon gar nicht. Der Wert der Kunst wird in sich selbst bestimmt, durch die Prozesse des Tauschens und Kaufens einerseits, durch die Erzeugung der Diskurse, Gerüchte, Dramen und Erzählungen andereseits.“