kritik

Susanne Franzmeyer schreibt nach der Folge T wie Tanzen auf dem Kanal Fundstücke (06/2021):

Eine eigenartige Feature-Reihe des SWR aus der Feder von Armin Chodzinski trägt den Titel „Dr. C’s Conversationslexikon – eine ökonomische Radio-Revue-Reihe zur Therapie grassierender Ahnungslosigkeit.“
Mein Einstieg beginnt bei „T wie Tanzen“, was aktuell gesendet wurde und jetzt online ist, aber es wird sicher nicht meine letzte Folge gewesen sein. Bei der Folge handelt es sich wohlgemerkt um Folge Nr. 11. Die Serie wird also nicht in alphabetischer Ordnung erarbeitet. 
Die Sendung ist eine Mischung aus Doku, Fiktion, Quatsch und Ernst, mit absurden bis philosophischen Ansätzen. Sehr unterhaltsam, schräg und gleichzeitig zum Denken anregend.  Dabei wird auf eine künstlerisch ansprechende und sehr unterhaltsame Art Wissenswertes wie Nichtwissenswertes vermittelt oder einfach mal Musik gespielt.
„Sie tanzen auf eine außergewöhnliche, betörende Art und Weise. Ohne jede Eleganz, ohne diese Könnerschaft, eher unwirsch und eckig. Also ohne ein Wie, ohne Warum, ohne Form, ohne Methode. Liegt darin das Radikale Ihres Alphabets?“ So die Moderatorin, die für den unbeholfenen Tanzstil des Gastes, Dr. C., schwärmt, den die Hörerschaft sich nur vorstellen kann. Dieser erläutert dazu: „Ich zeige Tanzen. Denn Theorie kann man tanzen. Erkenntnis kann man tanzen.“ Irgendwann in der Mitte der Sendung schaltet sich die Regisseurin oder Redakteurin über die Gegensprechanlage ins Studio und befindet alles für Mist, was bislang gelaufen ist, was den Gast Dr. C. – hier auch als Autor seiner eigenen Sendung geoutet – in Erklärungsnot bringt:
„Dass man sich hier so mir nichts dir nichts in eine Talkshow hineinschreibt! (…) Ok, Sie träumen von einer Talkshow, also schreiben Sie sich eine. Meinetwegen, Ihr gutes Recht. Autorenrecht, wenn Sie so wollen. Aber das macht überhaupt keinen Sinn! Die Moderatorin verliebt sich während des Gesprächs?“ Dazwischen immer wieder philosophische Gedanken auf einem schmalen Grat zwischen Ernst und Albernheit:
‘Tanzen ist sowohl alles, aber auch nichts. Es ist eben der Abgrund und das Himmelreich. Tanzen ist die Befreiung und der tiefste Kerker‘- ‚Oh. Warum?‘ – ‚Tja, weil Sie nach einem Warum fragen.‘ – ‚Oh. Warum?‘- ‚ Weil: Das Warum führt zum Wozu, zum Wofür, und von dahin geradewegs zum Zweck und vom Zweck zur Funktion, und von der Funktion zur Methode, und von der Methode zur Optimierung und zur Anwendung. (…) Der Mensch beendet eine Reihe von Fragezeichen immer mit einem großen Ausrufezeichen!‘“
Nicht zuletzt wird noch ein passender Song zum Begriff präsentiert, zu dem auch abschließend die Hörerschaft aufgefordert wird, mitzutanzen, und ihrerseits wieder andere dazu einzuladen, denn „irgendwo wird uns das hinführen!“. Man brauche nur das Fenster öffnen, den Pegel lauter stellen und… „Tanzen für das Fließband, Tanzen für die Jagd, Tanzen für die Firma, Tanz den ganzen Tag, Tanzen in Gemeinschaft, Tanzen aus dem Hüftgelenk, Tanzen für die Ernte, Tanzen, Tanzen, Tanzen, Tanzen!“ Als leidenschaftliche Hobbytänzerin kann ich das nur bestätigen: Ja, irgendwo wird uns das hinführen. Vielleicht an einen schöneren Ort. In einen schöneren Zustand. Oder auf die Liege des nächsten Osteopathen. Wer weiß… Aber machen sollten wir es auf jeden Fall! Meine herzlichste Hörempfehlung und die Aufforderung zum Tanz!“

Hörerinnenzuschrift nach der Folge N wie Nachhaltigkeit (2020):

„Mit jeder Minute, die ich diesen Podcast höre & mit der eine neu aufkommende, trotzige Lösungsidee in mir galant & faktenreich ad acta gelegt wird, werde ich wütender, hoffnungsloser, resignierter; bis mir schlagartig bewusst wird, wie ich plötzlich seit langem wieder ernsthaft an den Wert & die Relevanz von Kunst glaube, da es bei aller Bildung diesen sehr unterhaltsamen Podcast gebraucht hat um mich wirklich wachzurütteln & mir klar wird, dass nichts sonst das global schaffen kann. Ich wünschte dieser Stream wäre ein Hit auf Netflix & das nächste Foto auf Instagram wird grün, & der einschlagende Hashtag nach #metoo wird #changeeverythingandhealthefuckingplanet. Es kann doch nicht sein, dass Bildung & wirklich nachhaltiges Denken nicht korrelieren – ist das Problem denn nicht, dass unsere „akademische Bildung“ einem Bildungssystem entstammt das ausschließlich auf Wachstum und Profitmehrung und Erfolg in einem industriellen System ausgerichtet ist!? Müsste da nicht das Umdenken wirklich beginnen – ganz unten, ganz von vorne, ganz grundlegend?“

Jürgen Ziemer schreibt inDer Freitag, Ausgabe 46/2017: Management ist, wenn andere arbeiten.

„Mit seiner Show untersucht der Hamburger Künstler, Autor und Performer Armin Chodzinski Begriffe der Wirtschaft mit den Möglichkeiten der Kunst. Wirtschaft ist in vielerlei Hinsicht ein angstbesetztes Thema. Niemand kennt einen Tellerwäscher, der zum Millionär wurde – höchstens jemanden, der mit Telekom-Aktien viel Geld verloren hat. Die großen Tageszeitungen machen es ihren Lesern auch nicht leicht. Die Scheu der Deutschen, ihre Ersparnisse an der Börse anzulegen, ist in den Wirtschaftsteilen regelmäßige Steilvorlage für paternalistischen Spott. Wenn das Volk nicht genug Rente hat, soll es eben Fonds kaufen.
So einfach macht es sich Armin Chodzinski nicht. Mit seiner Radioshow Dr. C’s Conversationslexikon untersucht der Hamburger Künstler, Autor und Performer Begriffe der Wirtschaft mit den Möglichkeiten der Kunst. Nie gelassen und onkelhaft, sondern in ständiger Alarmbereitschaft. Auch hier geht es um A wie Aktie, oder I wieInnovation. Aber eben nicht im üblichen Erklärmodus eines Lexikons und auch nicht so evangelikal, wie man es von den Verfechtern des Neoliberalismus kennt. Chodzinski, der im Rahmen seines Kunstprojekts Armin Chodzinski muss ins Management tatsächlich im Management eines Lebensmittelkonzerns tätig war, möchte verstanden werden. Er schüttelt Merksätze aus dem Ärmel, die verblüffend einfach klingen, aber dann doch eine enorme Tiefe entwickeln. „Management is getting things done through other people“, zum Beispiel.“

Stefan Fischer schreibt für SZ-Online: „Armin Chodzinski schreibt Dr. C’s Conversationslexikon klug und amüsant fort. In den neuen Folgen der wirtschaftskritischen Reihe geht es um I wie InnovationM wie Management und A wie Aktie

Dr. C.’s Conversationslexikon: Mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten von Jochen Meissner für die Medienkorrespondenz16.10.2015

„Dr. C.’s Conversationslexikon“ ist kein konventionelles Erklärstück, sondern funktioniert als eine Art Gedankenflug, der sich von einer Basisdefinition aufschwingt, um dann in ganz andere Gefilde abzuheben. Ein Beispiel: Vom Ursprung des Geldes, wie ihn der „Brockhaus“ beschreibt – „Das lateinische Wort pecunia (Geld) wird in der Regel auf pecus (Vieh) zurückgeführt; es weist auf den sakralen Ursprung des Geldes als den Ersatz des Opfertieres hin, das auf der Münze abgebildet wurde“ –, geht es gleich zur „Philosophie des Geldes“ von Georg Simmel: „Es scheint, als ob selbst das nutzbarste Objekt, um als Geld zu funktionieren, auf seine Nützlichkeit verzichten müsste. […] Wenn zum Beispiel in Abessinien besonders zugeschnittene Stücke Steinsalz als Scheidemünze kursieren, so sind sie doch eben Geld nur dadurch, dass man sie nicht als Salz gebraucht.“ Und schließlich wird dann im Rückgriff auf Kant „Geld als allgemeines Mittel, den Fleiß der Menschen gegeneinander zu verkehren“, bezeichnet. Eine Vorstellung aus einer Zeit, als Geld noch keine Ware war, die den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen um ein Mehrfaches übersteigt.
Dabei geriert sich Chodzinski nicht als platter Kapitalismuskritiker, denn alles in allem hält er Geld für eine gute Sache: „Geld ist ein abstraktes Verhältnis, auf das wir uns einlassen, um näher zusammenzukommen! Geld ermöglicht es, sich als Fremde zu begegnen und das auch zu bleiben.“ Geld ist also ein Mittel zur Vergesellschaftung, nicht zur Vergemeinschaftung. Geld ermöglicht zugleich Anonymität und Privatsphäre, Nähe und Distanz, Kommunikation und Konversation, weil es das Individuum von allerlei Zumutungen entlastet, die Gemeinschaften so mit sich bringen. „Geld ist Freiheit“, wusste schon DDR-Dramatiker Heiner Müller, dem man wenig Sympathie für den Kapitalismus nachsagen kann.